Die Kraft der Klumpen
Neue Rekordstände bei Dow Jones, DAX und S&P 500: Letzte Woche trug die gute Börsenlaune im sinkenden Zinsumfeld die großen Indizes erneut in bisher unerreichte Höhen. Nach bald 10 Monaten des Jahres notieren die genannten Märkte zwischen 15 und 23 Prozent höher als Ende 2023. Dazu glänzt auch Gold wie nie zuvor mit einem Wertzuwachs von über 33 Prozent. Der Preis für die Feinunze stieg gestern auf fast 2.750 US-Dollar – so hoch wie noch nie. Gut, dass die Bundesbank über die weltweit zweitgrößten Goldreserven von rund 3.350 Tonnen verfügt. Schlecht, dass es wohl nur eine Frage der Zeit, bis dies als Geldquelle für den chronisch klammen Bundeshaushalt diskutiert wird.
Die geopolitischen Spannungen erklären leicht die Rekordkurse bei den Edelmetallen insgesamt. Doch bei den Aktienindizes fällt die Argumentation schwerer. So korrigierte gestern auch der IWF seine Konjunkturprognose für die deutsche Wirtschaft deutlich nach unten: Sowohl die 0,0 in diesem Jahr, als auch 0,8 Prozent Wachstumsaussichten für 2025 markieren das Schlusslicht unter den Industriestaaten. Wo die Masse schwächelt muss es also auch Spitzenleistungen geben. Beim S&P 500 ist die Klumpenbildung inzwischen bekannt – die „glorreichen“ Top-7-Aktien stehen für ein Drittel des marktbreiten Index.
Doch auch der DAX-40 hat dieses Problem: Europas größter Techkonzern SAP verkörpert allein nach jüngstem Anstieg über 15 Prozent im deutschen Leitindex und mehr dürfen es im erneuerten Regelwerk auch nicht werden! Zusammen mit Siemens und Dt. Telekom kommen die Top 3 schon auf mehr als 30 Prozent; die Top 6 machen rund 50 Prozent aus. Und so gehen 90 Prozent des diesjährigen DAX-Wachstums auf nur 8 der 40 enthaltenen Unternehmen zurück. Ähnlich wie ein Goldstück überraschend schwer in der Hand liegt, faszinieren solche Aktien-Klumpen mit ihrer riesigen Marktkapitalisierung. Sie sind derzeit das Kraftzentrum der Börsenwelt.
Zum Newsletter anmeldenNewsletter vom 23. Oktober 2024
Thomas Strelow, Börse Düsseldorf